Evidence Generation
29.05.2018
Dieser Frage ist man anlässlich des zweijährigen Bestehens des Innovationsfonds am 28.05.18 in Berlin nachgegangen.
Der Innovationsfonds fördert seit 2016 und bis zum Jahr 2019 neue Versorgungsformen und die Versorgungsforschung mit einem Volumen von jährlich 300 Millionen Euro. Hierbei sind 225 Millionen Euro für die Förderung neuer Versorgungsformen und 75 Millionen Euro für die Versorgungsforschung vorgesehen. Der beim G-BA eingerichtete Innovationsausschuss legt hierfür in sogenannten Förderbekanntmachungen die Schwerpunkte und Kriterien für die Förderung fest, führt Interessenbekundungsverfahren durch und entscheidet über die eingegangenen Anträge auf Förderung. Rechtsgrundlage für die Arbeit dieses Innovationsausschusses sind die §§ 92a und 92b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Förderbekanntmachungen werden zu themenspezifischen oder themenunspezifischen neuen Versorgungsformen, der Versorgungsforschung, zur Evaluation von Selektivverträgen und zur Weiterentwicklung der G-BA Richtlinien herausgegeben. Die geförderten Projekte müssen zudem mit wissenschaftlichen Methoden ausgewertet, evaluiert werden.
Die Bänke des G-BA und auch die Wissenschaft um Prof. Holger Pfaff scheinen derzeit überzeugt, dass der Innovationsfonds ein, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn formulierte „wichtiges Instrument“ sei. Hierfür sprechen auch die Zahlen, denn bisher wurden immerhin 500 Mio. € für neue Versorgungsformen und die Versorgungsforschung ausgegeben. Insgesamt wurden sogar 2,7 Mrd. € beantragt, wobei 2 Milliarden Euro auf Anträge für neue Versorgungsformen entfielen.
Insgesamt wurden Stand Mai 2018 296 Anträge zu neuen Versorgungsformen und 324 Anträge zur Versorgungsforschung gestellt. Bewilligt wurden bisher 81 Anträge zu neuen Versorgungsformen und 116 Anträge zur Versorgungsforschung. Über weitere 298 Anträge (davon allein 205 zur Versorgungsforschung) wird im Spätsommer 2018 noch entschieden, sodass bisher von 620 Anträgen rd. jeder dritte Antrag (197 Anträge) eine Förderungszusage erhielt.
In Euro ausgedrückt sind Anträge im Volumen von knapp 140 Millionen in der Versorgungsforschung und 423 Millionen für neue Versorgungsformen positiv beschieden und Fördergelder freigegeben. In Summe macht das somit eine halbe Milliarde Euro an Fördermitteln. Noch nicht enthalten in diesen Zahlen sind Anträge, die mit Deadline März 2018 gestellt wurden und im Spätsommer entschieden werden (298 Anträge). Eine erstaunlich hohe Summe, die hier bewegt wird.
Herr Hecken führte mit Nachdruck an, dass Evaluationen ein zentrales Element des Fonds sind, welches zudem systemisch auch hoch relevant wäre. Wenn ein Modell positiv evaluiert wird, wäre folglich eine Methodenbewertung add-on nicht mehr notwendig. Dies wäre auch sachlogisch und begrüßenswert, denn dem jeweiligen Projekt haben bereits ex ante alle Beteiligten der Selbstverwaltung zugestimmt und das Modell ist evaluiert, sodass ein positives Ergebnis auch ein klare Empfehlung nach sich ziehen sollte: die Einführung in die Regelversorgung. Eine solche Überführung in die Regelversorgung kann auch eine dauerhafte Überführung in Selektivverträge sein, meinte Herr Stackelberg vom GKV-Spitzenverband. Dieses Vorgehen setzt jedoch voraus, dass bereits in der Antragsprüfung des Innovationsausschuss bei jedem Vorhaben genau geprüft wird, ob das Evaluationskonzept geeignet ist, eine Methodenbewertung zu ersetzen. Dies setzt eine hohe methodische Kompetenz der Antragssteller, der Berater und Entscheider voraus.
Gerade an der Stelle des Transfers in die Regelversorgung gehen die Vorstellung über die Umsetzung auseinander. Während Prof. Pfaff schon jetzt einen Transferfonds anregt, der die Implementierung, der in der Förderungsphase entwickelten Projekte fordert, positioniert sich Herr Hecken klar dagegen. So stellte er sinngemäß klar, dass die entwickelten Projekte entweder „fliegen“ oder es eben nicht tun, was dann aber auch Konsequenzen nach sich ziehen sollte. Sofern der Gedanke von Wettbewerb um die beste Idee mit dem Fonds wirklich ernst genommen wird, ist die Position des G-BA folgerichtig. Zu einer guten Idee gehört eben nicht nur ein Gedankenmodell, sondern auch die Fähigkeit das Modell „auf die Straße zu bringen“ und wenn das nicht gelingt, war die Idee vielleicht nicht so gut wie angenommen. Ein Transferfonds setzt daher voraus, dass es kein ausreichendes Marktinteresse für ein Projekt gibt. Die Beteiligten solcher Projekte haben aber natürlich legitime Einkommensinteressen, denen eine solche Anschlussfinanzierung entgegen käme. Dies dürfte auch auf Universitäten zutreffen, für die der Innovationsfonds ein lohnendes Geschäft zu sein scheint, was man insb. an der hohen Teilnehmerzahl und Anzahl Anträge in der Versorgungsforschung erkennen kann. Der Erwartungswert für erfolgreiche, d.h. in die Regelversorgung überführte Projekte, liegt für den G-BA nach Aussage von Herrn Hecken bei 25-30%.
Im Fazit können wir festhalten, dass eine wohl nie dagewesene Umsetzung von Ideen im Gesundheitswesen durch den Innovationsfonds losgetreten wurde. Welche Ideen nun aber durch den Innovationsfonds tatsächlich ausgelöst wurden oder ob es bei den Projekten zu Mitnahmeeffekte kam, kann derzeit kaum beantwortet werden. Ob es tatsächlich eines Innovationsausschusses bedarf um Innovationen als solche zu benennen, muss sehr kritisch betrachtet werden. Nach Hayek gesprochen handelt es sich dabei „um Anmaßung von Wissen“, wenn der G-BA entscheidet, was innovativ ist und was nicht. Hierauf hat Herr Prof. Eberhard Wille dankenswerter Weise in seinem Vortrag hingewiesen.
Informieren Sie sich hier über die geförderten Projekte:
https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/
Tweet vom 06.09.2019:
Der #Innovationsausschuss beim G-BA hat am 3.9.19 eine Übersicht der 59 neuen Projekte zur #Versorgungsforschung veröffentlicht, die zukünftig aus Mitteln des #Innovationsfonds gefördert werden. https://t.co/OJei1Sh4y7
— LinkCare GmbH (@LinkCareGmbH) September 6, 2019